30. Mai 2019

Ich bin wieder da!

Phoenix
Der Phoenix, der nach 100 Jahren verbrennt und schöner und strahlender aus seiner eigenen Asche wieder aufersteht, ist irgendwie ein Bild für mein eigenes Leben.
Irgendwie schaffe ich es, mein Leben immer wieder auf den absoluten Nullpunkt zu führen um dann mit neuen Einsichten und Erkenntnissen wieder ins Leben zurück zu kehren.

Die letzten Wochen und Monate meines Lebens waren ziemlich aufregend und anstrengend. Ich habe viel erlebt, musste einiges aushalten, habe tolle und weniger gute Menschen kennengelernt und habe mir selbst schlimme Dinge angetan.
Doch wie immer im Leben ist bei viel Schatten auch viel Licht.
Diese Zeit hat etwas mit mir gemacht, mich verändert. Ziemlich stark sogar.
Ich habe einige Sichtweisen revidiert, neue hinzubekommen und auch viele meiner Vorgehensweisen genauer betrachtet.


Wie kam es zu der letzten Situation?
Was ich jetzt schreibe, dient nicht der Entschuldigung, sondern der Erklärung.
Ich war insgesamt in einer sehr schwierigen Lage. Ich hatte die Arbeit verloren und musste mich wieder mit dem Jobcenter herumschlagen. Hinzu kamen einige private, jedoch sehr persönliche Probleme, über die ich öffentlich nichts schreiben möchte. Für private Auskünfte stehe ich, bei Interesse, gern zur Verfügung. Zudem kam eine große Portion Resignation hinzu.

Auch unter Neid und Missgunst hatte ich zu leiden. Der Auslöser könnte mit meiner damaligen Obdachlosigkeit zu tun haben.
Als ich damals von der Straße kam, wurde ich von sehr vielen Leuten weiterhin wie ein "Penner" behandelt. Ich musste permanent beweisen, dass ich ein normaler Mensch bin.  Dies machte ich, indem ich von meinem Leben vor der Obdachlosigkeit berichtete und auch von meinen neuen Erfolgen auf dem Weg zurück in die Gesellschaft.
Nun habe ich einen vergleichsweise außergewöhnlichen Weg genommen. Plötzlich begann die Presse und das Fernsehen zu berichten und ich hatte plötzlich Bekannte und Freunde aus Politik, Wissenschaft aber auch andere sehr bekannte Menschen.
Eventuell hatte sich das Bemühen zu beweisen, dass ich ein normaler Mensch war etwas verselbstständigt.
Im Klartext, ich erzählte was ich so machte.
Das erzeugte Neid bei nicht wenigen Zeitgenossen und das ließ man mich spüren. Ich bekam Nachrichten und E-Mails, die von Gemein- und Bosheiten nur so strotzten. Es wurden schlimme Gerüchte über mich erzählt und noch einiges mehr.

Ich verstand das Ganze nicht.
Jeder Mensch der etwas erreicht hatte, darf darüber berichten und alle freuen sich mit diesem. Gerade wenn man einen so schweren Weg wie ich gegangen ist.
Ich hatte vielleicht ein bisschen zuviel, zu schnell erreicht. Wenn ich darüber erzählte, nahmen es einige Menschen als Angeberei. Dabei hatte ich nur wertneutral berichtet.
Aber mal direkt an diese Leute.
Schaut doch mal was ich in der Öffentlichkeit tatsächlich mache!
Ich stelle nie meine Person ins Zentrum meines Handelns, sondern immer die Belange der Obdachlosen. Das Fernsehen und Presse dies an meiner Person festmachen, musste ich in Kauf nehmen.
Insgesamt gab dies eine Gemengelage, die mich nach und nach zur Verzweiflung und am Ende wieder in den Alkohol trieb.

Wie geht es weiter?
Gut, das Ganze ist nun ausgestanden und hat mich, wie oben schon kurz angeschnitten, ziemlich verändert und beeinflusst.
Ich werde in Zukunft weniger mit dem Kopf durch die Wand gehen und muss deutlich diplomatischer werden.
Zudem habe ich erkannt, dass ich innerhalb des Hilfesystems nichts verändern kann. Die Strukturen sind zu eingefahren.

Bei sehr vielen professionellen Helfern geht es primär nicht mehr darum, den Obdachlosen zu helfen, sondern nur möglichst die eigene Organisation oder den Verein groß zu machen. Ausnahmen bestätigen die Regel...

Dabei stehe ich nicht allein mit meinen Ansichten.
Aus unzähligen Einzelgesprächen weiß ich, dass es vielen Helfern in der Stadt so geht wie mir.
Doch diese hängen in ihren jeweiligen Orgas fest und können nichts verändern, ohne ihren Job zu riskieren oder anderweitig Ärger zu bekommen. Der eigene Schornstein muss schließlich auch rauchen und das meine ich nicht ironisch.
Falls Jemand sich angesprochen fühlt und einen Willen zur Veränderung der aktuellen Situation hat, schreibt mich an und wir treffen uns um gemeinsam zu überlegen, was man tun kann.
Allein kann ich das unmöglich schaffen. Ich brauche Euch!

Das aktuelle System ist von innen heraus nicht zu verändern.
Also musste ich auch hier andere Lösungen finden. In den nächsten Wochen finden Gespräche in dieser Richtung statt.
Ich werde versuchen, meine Arbeit privat zu finanzieren. Eventuell mit Geldern aus der Privatwirtschaft oder ähnlichen Finanzierungsmöglichkeiten.
Das wird nicht einfach, aber ich sehe keinen anderen Weg.
Falls jemand bessere Ideen hat, bin ich für Vorschläge sehr dankbar.

Was sind meine Ziele?
Das ist in einem Satz gesagt.
Die obdachlosen Menschen müssen von der Straße geholt werden. Punkt!
Tee auszuschenken und Schlafsäcke zu verteilen, ändert nichts an der grundlegenden Situation dieser Menschen. Sie müssen zurück in ein selbstbestimmtes Leben und in eigenen Wohnraum.
Dafür gibt es kein Patentrezept, sondern die aktuell laufenden Maßnahmen müssten zum Teil nochmal grundsätzlich überdacht und in Einklang miteinander gebracht werden.
Jeder kocht sein eigenes Süppchen, denkt nur an seinen eigenen Laden und neidet dem anderen die Erfolge.
Wir müssen zusammen arbeiten, sonst geht das ewig so weiter und die Menschen auf den Straßen leiden und sterben weiter.

Es gibt viele gute Ansätze.
Housing first, Tiny houses aber auch die klassischen Wege bieten Lösungen.
Allerdings müsste dabei auf die besonderen Schwierigkeiten der Obdachlosen Rücksicht genommen werden. Die Leute durch die Stadt zu schicken und Unterlagen besorgen zu lassen, reicht nicht.
Viele scheitern an unwilligen Behördenmitarbeitern und ähnlichen Umständen. Dies habe ich gerade am Anfang der Woche mit äußerster Intensität erfahren müssen.

Viele Obdachlose sind mit einfachsten Dingen überfordert. Zum Beispiel ihr Anliegen auf einem Amt adäquat vorzubringen. Dabei brauchen sie Hilfe, sprich Begleitung. Wenn sie es allein könnten, wären sie nicht in ihrer Situation.
Diese Begleitung erstreckt sich im Idealfall, bis zu einem Punkt, wo sie wieder in einer Wohnung sind, Arbeit und ein stabiles soziales Umfeld haben.
Was sie allein können, können sie auch allein erledigen. Klappt etwas nicht, löst der Helfer dies.
Dies sollte das Thema nur kurz anreißen. In den nächsten Tagen, schreibe ich noch ausführlicher darüber.

Das Ganze mag jetzt ein wenig wie eine Abrechnung klingen. Dem ist jedoch nicht so.
Vielmehr möchte ich neue Wege aufzeigen, die tatsächlich garnicht so neu sind.
Lasst uns gemeinsam versuchen die Situation zu lösen.
Wer ist dabei?

André Hoek

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