26. Oktober 2018

Was machen Obdachlose im Winter?

In dieser Zeltsiedlung unterhalb des Bundestages
schlief ich einen Winter lang
Es bedarf keiner weiteren Erklärung, Obdachlosigkeit ist im Winter besonders schlimm. Die unzähligen Probleme, welche obdachlose Menschen aufgrund ihrer Situation sowieso schon haben, werden durch die Kälte nochmal um einige Stufen verschärft.

Wie ist es als Obdachloser im Winter?

Als Obdachloser empfindet man Kälte ganz anders als Leute die eine Wohnung haben. Letztere sind immer nur für kurze Zeiträume draußen.
Man steht mal 20 Minuten an einer Haltestelle, läuft zehn Minuten zum nächsten Supermarkt oder geht vielleicht mal zwei Stunden in der Kälte spazieren. Davor und danach ist man wieder im Warmen. Auch wenn man nach den zwei Stunden das Gefühl hat wirklich durchgefroren zu sein, so ist man dies aus Sicht eines Obdachlosen noch lange nicht. Einen solchen Zustand beachtet dieser garnicht mehr, da dies für ihn der Normal-Zustand ist. Es geht noch viel schlimmer.

22. Oktober 2018

Gewalt an Obdachlosen

Unter dieser Brücke in Hannover wurde ich überfallen
Gelegentlich dringen Nachrichten von Gewalttaten an Obdachlosen an die Öffentlichkeit. Zum Beispiel dann, wenn Obdachlose mal wieder in Brand gesteckt oder wenn es so eklatante Fälle wie zum Beispiel Horst gibt. Die Betroffenheit ist jedesmal groß, doch in der Regel legt sich die Aufregung innerhalb weniger Tage und die Sache bleibt ein vergessener Einzelfall.

Tatsächlich ist für obdachlose Menschen Gewalt ein normaler Teil ihres Alltags. Sie ist permanent präsent und stets kann aus einer ganz normalen, ruhigen Situation, eine brandgefährliche Szene entstehen. Bei meine Touren erkläre ich den Leuten immer:

"Auf der Straße kann jederzeit alles passieren."


Jederzeit muss man mit allem rechnen.
In der Nacht darf man nur mit einem Auge schlafen. Jedes Geräusch das nicht zum jeweiligen Schlafplatz gehört, treibt einen schlagartig das Adrenalin ins Blut. Man ist sofort hellwach und analysiert die Situation. Ein Fremder in der Nähe des Schlafplatzes kann große Gefahr bedeuten.
Wenn es kälter wird, ist man irgendwann gezwungen ein Zelt aufzustellen, sonst hält man es in der Kälte nicht mehr aus. Allerdings hat so ein Zelt auch einen entscheidenden Sicherheitsnachteil. Wenn man Nachts fremde Geräusche hört, muss man sich erst mühsam aus den Schlafsäcken wühlen und den Zelteingang öffnen um zu sehen, was draußen los ist.
Die Zeit die man dafür braucht kann entscheidend sein, wenn es darum geht, einen eventuellen Angriff abzuwehren.

11. September 2018

Wovon leben Obdachlose oder ist Schnorren cool?

Wie kommt man an Geld, wenn man obdachlos ist?

Grundsätzlich hat man zwei Möglichkeiten.
Entweder wird man kriminell und besorgt sich sein Geld durch Diebstähle in Geschäften oder man greift auf eine der drei Möglichkeit an Geld zu kommen der Obdachlosen zurück, die ich gleich noch schildern werde.
Insgesamt kann ich sagen, dass die meisten Obdachlosen sich für den geraden und ehrlichen Weg entscheiden. Es gibt prozentual nur sehr wenig Menschen auf der Straße, die bereit sind kriminell zu werden.
Es wird sehr oft untereinander gestohlen, aber die normalen Leute werden so gut wie nie belästigt.
Hat man sich für die Ehrlichkeit entschieden, bleiben drei weitere Optionen um an das täglich benötigte Geld zu kommen.
Man kann entweder Pfandflaschen sammeln, schnorren oder die Obdachlosenzeitung verkaufen.

4. September 2018

Wer sind eigentlich diese Obdachlosen?

Man sieht Obdachlose überall in der Stadt.
Irgendwie sind sie wie die Stadtvögel. Man sieht sie, nimmt sie aber gar nicht mehr wahr.
Irgendwie gehören sie dazu, aber es würde auch kaum jemand ihr Fehlen bemerken.

Wie man zum Obdachlosen wird, ist individuell sehr unterschiedlich.
Ziemlich sicher haben einige dieser Menschen auch unmittelbar selbst Schuld an ihrer Situation, viele sind aber durch eine Verkettung sehr unglücklicher Umstände und einige auch ganz schuldlos auf der Straße gelandet.

Doch wer sind diese Obdachlosen eigentlich?
Ist das ein bestimmter Schlag Mensch? Sind das alles Leute, die nicht in der Lage sind, sich vernünftig um ihr Leben zu kümmern?

Grundsätzlich kann man sagen, dass Obdachlose einen repräsentativen Querschnitt der Gesellschaft abbilden.

Artikelserie über Obdachlosigkeit

Vor der Obdachlosigkeit
Ich habe heute beschlossen, eine kleine Artikelreihe über Obdachlosigkeit zu beginnen.
Da ich selbst mal obdachlos war, kann ich aus erster Hand berichten. Mein Ziel ist es, über Obdachlosigkeit aufzuklären und mit vielen Vorurteilen über Obdachlose aufzuräumen.

Erst einmal ein paar Zeilen zu mir.
Geboren bin ich in Berlin. Mein Leben verlief, naja..., normal möchte ich jetzt nicht schreiben, doch war ich die meiste Zeit ein guter Staatsbürger und gut integriertes Mitglied unserer Gesellschaft.
Warum nicht normal?
Ich bin ein ziemlich merkwürdiger Mensch und habe vieles ausprobiert. Ziemlich oft auch Sachen, die von anderen unmöglich gehalten wurden und ziemlich oft auch mit Erfolg. Wenn auch nicht immer.
Ich habe viele Abenteuer erlebt, bin zweimal ausgewandert und habe viele Jahre meines Lebens in fremden Ländern gelebt.
Ich war Rocker, Hausbesetzer, Punk, erfolgreicher Geschäftsmann, Webdesigner, Grafiker, Online-Journalist, Maurer, Elektriker, Fernmeleldemonteur, Tellerwäscher, Leistungssportler, LKW-Fahrer und Staubsaugerverkäufer.
Angestellt war ich jedoch immer nur kurze Zeit, da eine Hochbegabung es mir ziemlich schwer macht, mich in die üblichen Strukturen von Unternehmen einzugliedern.
Die meiste Zeit meines Lebens war ich selbstständig.
Bereits kurz nach der Wende 1989 machte ich mein erstes, großes Geschäft mit dem Verkauf von Weihnachtsbäumen. Dann folgten der Handel mit Obst und Gemüse, später mit Wild und Geflügel. Noch etwas später hatte ich eine Reinigungsfirma, machte berlinweit Promotion für die Berliner Morgenpost und ganz am Ende hatte ich mein Online-Business. Mit Sicherheit habe ich noch einiges vergessen.
Man wurde nie richtig reich dabei, aber es war ein gutes Leben.
Und ich war mal obdachlos.