Ach, dass fühlte sich so toll an.
Endlich wieder eine richtige Arbeit und dann noch mein Traumjob!
Diese und ähnliche Gedanken gingen mir durch den Kopf, als ich Ende November von Karuna das Angebot bekam als Streetworker zu arbeiten.
Endlich mit voller Energie den obdachlosen Menschen da draußen helfen und eine große Organisation im Hintergrund.
Leider endete dieser Traum ganz anders als von mir angenommen.
Da ich jetzt gleich einiges Negative über Karuna sagen muss, möchte ich doch festhalten, dass die folgend geschilderten Ereignisse nicht Karuna als Ganzes betreffen, sondern mehr auf die Person meines Chefs und zwei seiner engen Mitstreiter zutreffen.
Ebenso leistet Karuna zum Beispiel mit den Momos eine ausgesprochen gute und bewunderungswürdige Arbeit.
700 Euro weniger Gehalt
Es begann mit dem Gehalt.
Beim Einstellungsgespräch wurde mir eine Summe X genannt, die ich gern akzeptierte.
Arbeitsbeginn war der 01.12.18, doch die Unterschrift des Arbeitsvertrages wurde bis zum 27.12.18 verzögert. Als ich den Vertrag dann endlich zur Unterschrift vorgelegt bekam, fehlte beim Brutto mal eben die Kleinigkeit von 700 Euro. Als ich daraufhin protestierte, bekam ich von meinem Chef, nach einigen Diskussionen, die Antwort: "Mehr gibts nicht!"
Dumm war nur, dass ich mich pflichtgemäß bereits Anfang Dezember beim Jobcenter abgemeldet hatte.
Mir blieb also nur den Vertrag so zu unterschreiben oder meine nächste Miete nicht überweisen zu können. Was das in den Emotionen eines ehemaligen Obdachlosen auslöst, brauche ich nicht auszuführen.
Ich unterschrieb.
Mobbing
Ich wurde von meinen beiden direkten Vorgesetzten gemobbt. Ich kann das unmöglich alles hier aufschreiben, doch so viel.
Es waren sieben von zehn Mobbingmerkmalen gegeben. Zwei oder allerspätestens drei sind gravierend.
Ich brachte das meinem Chef schriftlich zur Kenntnis, bekam einen Gesprächstermin genannt, bei dem etwas völlig anderes besprochen wurde und dabei blieb es.
Keinerlei Hilfe aus Richtung Karuna.
Unterlassene Hilfeleistung an Obdachlosen bei akuter Lebensgefahr
Im Rahmen meiner Arbeit am Bahnhof Lichtenberg wurde ich auf einen Obdachlosen aufmerksam, dessen Gesundheitszustand sich innerhalb weniger Tage drastisch verschlechterte. Im Normalfall sollten wir Nachtarbeiter dann die Tagschicht verständigen, die sich solcher Fälle annimmt.
Dies blieb leider graue Theorie.
Der Senat bezahlt eine halbe Stelle für eine Sozialarbeiterin. Die Tätigkeit dieser Sozialarbeiterin und der Tagschicht hat nicht mal mehr Alibifunktion.
Ich informierte also meine Vorgesetzte (die Sozialarbeiterin) und ging davon aus, dass dem Mann geholfen wird.
Beim Teammeeting am nächsten Abend erkundigte ich mich was unternommen wurde und musste entsetzt feststellen, dass der Mann noch immer Bahnhof lag.
Meine Vorgesetzte sagte noch: "Der hat ja heute morgen schon gesagt, dass er nicht mehr kann."
Also wenn eine Supermartkassiererin nach drei schlimmen Kunden so etwas äußert..., OK. Aber wenn ein völlig entkräfteter Obdachloser so etwas sagt, hat diese Aussage eine geradezu dramatische Brisanz.
Als ich entsetzt nachfragte, ob man den Mann einfach liegen lassen habe, kam ein Schulterzucken als Antwort gepaart mit einem Gesichtsausdruck, der deutliches Desinteresse zur Schau stellte.
Als ich am Bahnhof eintraf war der Obdachlose kaum noch ansprechbar. Er war völlig entkräftet und schaffte es nicht mal mehr zur Toilette zu gehen. Also war er genötigt sein Geschäft da zu erledigen, wo er gerade war. Die Folge war, dass seine gesamte Kleidung (auch Jacke) völlig durchnässt waren. Auch Schlafsack und Decke waren klatschnass.
Als ich Decke zurückschlug um ihn anzusprechen, dampfte! der Mann bei fünf Grad unter Null.
Akute und höchste Lebensgefahr!
Der gerufene Kältebus weigerte sich ihn mitzunehmen, da er auch noch Läuse hatte und so landete er letzten Endes im Krankenhaus.
Ich ging noch in die Notaufnahme um zu erreichen, dass er am nächsten Tag wenigstens bis 09.00 Uhr dort bleiben könne, wo ihn die Tagschicht übernehmen würde. Dem wurde entsprochen.
Ich informierte die Tagschicht und ging schlafen.
Kurz vor 09.00 wurde ich durch das Telefon geweckt.
Die Klinik.
Man müsse den obdachlosen Herrn gleich mit nasser Kleidung in die Kälte entlassen.
Ich versprach zu helfen und rief meine Vorgesetzte an.
Diese weigerte sich absolut dem Mann zur Hilfe zu kommen.
Ich war völlig fassungslos.
Auch mein nächsthöherer Vorgesetzter wandt sich der Wurm am Haken um nicht tätig werden zu müssen. ...was geht mich denn das an... und ... das kannst Du mir doch jetzt nicht einfach aufdrücken...
Erst als ich drohte im Falle des Todes des Obdachlosen die Presse einzuschalten, begann er aktiv zu werden.
Beim Chef malte er sich diese Aktion noch als eigene große Leistung an.
Hätte ich an dem Abend nicht reagiert, hätte der Obdachlose den nächsten Sonnenaufgang nicht mehr erlebt.
Ich informierte meinen Chef über den Vorfall und es passierte, wie fast immer, nichts.
Vereitelungen meiner Arbeitsbemühungen
Im Rahmen des gegen mich gerichteten Mobbings, wurden auch meine Arbeitsbemühungen vereitelt.
Ich wurde von Karuna mit der Situation am Bahnhof ziemlich allein gelassen. Vieles von dem was dort an Gutem geschehen ist, waren Eigeninitiativen von uns Nacht-Streetworkern. Sehr oft auch mit privatem Geld bezahlt und in der Freizeit erledigt.
Ein Beispiel.
Wir brauchen jeden Nacht zwischen 1 und 5 Schlafsäcke. Karuna hat uns während der gesamten Zeit insgesamt keine 30 Schlafsäcke zur Verfügung gestellt. Den Rest bettelten wir uns beim Kälte- /Wärmebus zusammen oder bekamen Spenden aus der Bevölkerung.
Ich kaufte auch einmal selbst Schlafsäcke vom privaten Geld und brachte diese zur Arbeit mit.
Das Mobbing entwickelte ein Eigenleben.
Am Ende war es so, dass alles um was ich bat, schon per se nicht erledigt wurde. Einfach weil ich es war, der gefragt hatte.
Auch meine Expertenwissen aus der Obdachlosigkeit, dass in der Berliner Politik und auch in der Wissenschaft sehr wertgeschätzt ist, hatte bei Karuna keinen Wert. Gar keinen!
Jeder, aber wirklich jeder Versuch mich bei Karuna einzubringen, wurde vollständig ignoriert.
Wenn ich mich wirklich mal durchsetzen musste, zum Beispiel bei drohender Lebensgefahr, wurde mir dies als Bevormundung der Kollegen ausgelegt.
Auch wurde mir von meinem Chef praktisch ein Verbot erteilt, den Obdachlosen effektiv zu helfen.
Seine Ansage war: "Deine Aufgabe ist es, die Leute vor dem Erfrieren zu bewahren. Mehr nicht!
Zuletzt wurde ich mit einem akuten Sicherheitsproblem am Bahnhof Lichtenberg völlig allein gelassen. Von Polizei, WISAG und Karuna.
Nach mehreren Lösungsversuchen von meiner Seite, stellte ich gestern die Arbeit ein.
Während des letzten Versuches bei Karuna um Hilfe zu bitten, bekam ich statt einer Antwort eine Einladung zu einem Personalgespräch am nächsten Dienstag!
Etwas später wurde ich von Karuna bis dahin auch noch beurlaubt.
Tja, mit meinem Traumjob ist nun wohl erstmal vorbei.
Wie es weiter geht weiß ich nicht...
Doch eines weiß ich.
Ich habe den Sargdeckel der Obdachlosigkeit wieder aufgeklappt, bin aufgestanden und habe mir eine Stimme verschafft.
Diese Stimme nutze ich dafür, den Allerschwächsten in unserer Gesellschaft zur Seite zu stehen.
Ich nutze diese Stimme auch dazu, um auf Mißstände hinzuweisen, die ich aus eigenem Erleben aus der Obdachlosigkeit kenne. Auch auf Sozialarbeiter, die ihren Job nicht machen und damit das Wohl von Obdachlosen in Gefahr bringen. Dies ist insgesamt ein sehr großes Problem.
Ich bin nicht bereit, mich in eine Reihe mit Leuten zu stellen, die genau dies tun.
Niemand kämpft gern. Auch ich nicht.
Doch wenn es darum geht Mißstände zu beseitigen, macht mir dieser Kampf manchmal sogar Spaß.
Das ich aber nun gegen die eigenen Leute vorgehen muss...
Ich hätte es mir wirklich anders gewünscht.
Falls es Zweifel an meiner Glaubwürdigkeit gibt.
So gut wie alles hier geschriebene kann ich beweisen und ich würde jede dieser Aussagen unter Eid vor einem Richter wiederholen.
Ich bedauere wirklich den Weg über die Öffentlichkeit gehen zu müssen, doch bei allem was ich bisher bei Karuna erleben musste, muss ich befürchten das es Aktionen gegen mich gibt.
Bereits gestern wurde schon etwas geäußert von "...schweren Vorwürfen gegen meine Person, die es seit einigen Stunden gibt..." kurz nachdem ich meinen Post abgesetzt hatte, dass ich die Arbeit am Lichtenberger Bahnhof einstelle.
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