5. April 2020

"Zehn Euro für jeden Obdachlosen" - Was meine Helferinnen dazu schreiben

Jenny und Nina
Gestern war ich mit Jenny und Nina Goos unterwegs um Eure Spenden an die obdachlosen Menschen in Berlin zu verteilen.
Wir hatte uns früh am Morgen getroffen, vorher Geld zusammen gelegt und dann 80 Brötchen mit jeweils Käse, Wurst und einem Salatblatt zu belegen. Zusätzlich haben wir noch Eier hart gekocht.
Gegen 11.00 Uhr machten wir uns auf dem Weg und übergaben den Obdachlosen einen Zehn-Euro-Schein, zwei lecker belegte Brötchen und ein hartgekochtes Ei.
Die Menschen da draußen haben sich unglaublich gefreut. Nach meinem Dafürhalten fast mehr über meine sehr charmanten Begleiterinnen als über die Spenden...:-)
Alles in Allem war es eine sehr gelungene Aktion.
Am Ende bat ich die Beiden mir einen Artikel über ihre Eindrücke zu schreiben. Hier nun ihre Berichte.

Bericht von Jenny

Das eiserne Dreieck – Der Marsch in den Berliner Untergrund
Berlin.
Es ist mein Zuhause und meine Stadt, die ich mit vielen anderen Menschen teile und bewohne. Zurzeit befindet sich auch Berlin aufgrund der aktuellen Situation in einem Ausnahmezustand. Die Schulen sind geschlossen, genauso wie fast alle Geschäfte, die wir sonst wie selbstverständlich begehen konnten. Kaum trifft man noch Menschen auf den Straßen an; die Bahnen sind leer gefegt. Es ist gruselig anzuschauen und beängstigend zugleich, welche Form die Entwicklung in den letzten Tagen und Wochen angenommen hat.

Umso mehr hat sich für mich in der vergangenen und auch präsenten Zeit bemerkbar gemacht, wie viele von Egoismus erkrankte Menschen ihren Platz auf dieser Welt gefunden haben. Die Schlacht um Klopapier, Mehl und Hefe- als luden sie zum morgigen Tage eine ganze Stadt auf einen Kuchenbasar ein, wird zum täglichen Dilemma.
Es ist eine peinliche, deutsche Tragödie. So stellt es nicht nur für Normalverbraucher eine Schwierigkeit dar, an normale Konsumgüter zu gelangen.

Die noch viel tragischeren Beispiele tummeln sich mitten unter uns. Doch werden sie derzeit noch weniger wahrgenommen als sowieso schon. Die gähnende Menschenleere auf den Berliner Straßen, und sicherlich auch in anderen Städten, hat zur Folge, dass eine ganz bestimmte Minderheit wahrlich am Hungertuch nagt. Die Rede ist von den Obdachlosen- nein, die Rede ist von UNSEREN Obdachlosen, die mitten unter uns weilen und momentan die allergrößte Dringlichkeit zeigen, Hilfe zu benötigen.

Es ist der 4. April 2020 mitten in der Metropole Berlin. Andre Hoek, Nina und ich trafen uns in meinem Zuhause und begannen damit, Brötchen zu schmieren und Eier zu kochen.
Unter selbstverständlich strengen Hygienebedingungen wie das Tragen von Einweghandschuhen und Masken, von denen ich noch einige aufgrund von Renovierungsarbeiten übrig hatte, trafen wir die Vorbereitungen.
Nach zwei Stunden Teamwork, 80 in Klarsichtfolie eingewickelten Brötchen und sehr vielen Eiern, die wir in Rucksack und Koffer verfrachteten, marschierten wir los.
Nina und Andre mit gesunder physischer Distanz zueinander mir voraus gehend, bildeten mit mir als die hintere Instanz das Eiserne Dreieck.
Unser Ziel: Wenigstens einen Teil unserer vielen Obdachlosen für ein paar Stunden satt und glücklich zu machen.

Unser Weg brachte uns zunächst an den Ostbahnhof. Hier begegneten wir einem obdachlosen Paar, die wie kleine Mäuse in ihren verschmutzten Decken kauerten und versuchten, einander zu wärmen. Ihre Freude hätte nicht größer sein können, als wir sie mit ein paar belegten Brötchen und jeweils einem Zehneuroschein beschenkten.
Woanders einige polnische Männer, die ihre kleine Matratzenlandschaft ihr Wohnzimmer nennen müssen und uns ihren Dank gar nicht genug aussprechen konnten.
An anderer Stelle eine etwas größere Gemeinschaft, alte Genossen aus Zeiten von Andre, als die Straßen einst selbst noch sein eigenes Zuhause waren. Anderen Obdachlosen, nur eine Ecke weiter, überließ ich neben dem Essen Tabakware. Endlich wieder eine rauchen- ja, auch Obdachlose haben Bedürfnisse. Und selbst ein solch kleiner Luxus wie eine Zigarette darf von Obdachlosen beansprucht werden. Sie sind kein Vieh. Sie gehören zu uns. Und deshalb hat es mir sehr gut getan, diesen Menschen zu helfen.

Diese Menschen sind teilweise dankbarer als der Rest der Menschen, denen ich im normalen Alltag begegne. Selbst die Ehrlichkeit unter den Straßenbewohnern fehlt mir in meinem „normalen“ Leben als Bürgerin mit Dach über dem Kopf und Essen im Kühlschrank bei so einigen Menschen, die mich umgeben. Verrückte, umgekehrte Welt.

Auch an der Warschauer Straße, am Alexanderplatz, Friedrichstraße und am Zoologischen Garten konnten wir viele Obdachlose antreffen. Sie sind nicht besser und nicht schlechter als Du und ich. Sie sind Du und Ich. Sie sind Wir und Ihr und vor allem sind sie Mensch.

Ich werde es wieder tun, mich auf die Straßen zu begeben und zu versuchen, etwas Hilfe zu leisten. Zumindest so viel wie in meiner Macht steht.

Wie schon kurz erwähnt halten sich in diesen Zeiten kaum noch Menschen auf den Straßen auf. Die Konsequenz daraus ist der massive Spendenrückgang, der die Straßenbewohner sonst immer einigermaßen am Tag über Wasser gehalten hat.
Daher kann ich nur an die Lesergemeinde appellieren, eine kleine Spende zu leisten, auch wenn es nur wenige Euro sind. Glaubt mir, das Geld kommt, wie von Andre mit den Fotos auch bewiesen, 1 zu 1 bei den Menschen an, die es bitter nötig haben.

Gebt uns, dem Eisernen Dreieck, eine weitere Möglichkeit hinauszugehen und den Obdachlosen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Vorab verraten wir schon einmal, dass wir Karfreitag erneut durch den Berliner Untergrund marschieren werden, um den Obdachlosen mit ein paar bunten Eiern und enem Zehn-Euro-Schein zumindest ein paar Ostergefühle zu entlocken.

Ich hoffe, dass wir mit der Aktion viele Menschen erreichen und sie dazu bewegen können, uns gleichgesinnt entgegenzutreten und der Menschlichkeit noch ein wenig mehr Raum zu geben.

Jenny

Und hier der Bericht von Nina

Ich bin Nina und Studentin der sozialen Arbeit an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen in Berlin.
André habe ich dort im 1. Semester kennen lernen dürfen, da er damals über die Obdachlosen Uni eine Kooperation mit der Hochschule hatte.
Nachdem ich mich im Studium mehr mit dem Thema Obdachlosigkeit beschäftigte und auch weiterhin Andres Blog verfolgte, wurde ich auf seine tolle Kampagne aufmerksam.

Da ich als Studentin leider nicht all zu viele finanzielle Mittel habe, wollte ich gerne persönlich mit anpacken. Gesagt, getan, André kontaktiert und so kamen er, Jenny und ich heute am Samstag morgen zusammen und haben fleißig 80 Schrippen geschmiert und Eier gekocht. Natürlich unter Achtung aller hygienischer Maßnahmen die zur Zeit zu treffen sind.

Nachdem alle Schrippen mit Butter, Wurst, Käse und Salatblättchen belegt waren starteten wir Richtung Warschauer-Straße. Dort wurden wir direkt die ersten Spendengelder und dazu ein paar Brötchen los. Und natürlich 10€ für jeden Obdachlosen damit er diese nach seinen individuellen Bedürfnissen ausgeben kann.

Anschließend ging es über das Ostkreuz, zum Alexanderplatz, zur Friedrichstraße und zum Zoologischen Garten. Insgesamt 42 auf der Straße lebenden Menschen konnten wir mit den Spenden so eine Freude machen. Das Tagesbuget von 420 €, 80 Schrippen und 30 Eier wurde so erfolgreich und mit viel Freude an diesem sonnigen Tag verteilt und wir konnten in viele glückliche Gesichter blicken!

Danke an alle die bisher gespendet haben, und ich bitte weiterhin darum fleißig weiter zu spenden und andere und bekannte zum spenden aufzurufen. Der heutige Tag hat mir gezeigt wie wichtig es ist sich auch um die ärmsten unserer Gesellschaft zu kümmern und wie viel Freunde das macht!

Nina

Fall auch Ihr den obdachlosen Leuten draußen auf den Straßen helfen wollt, hier der Link zur Spendenkampagne auf Betterplace.

André Hoek




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