Life under construction... |
Doch jeder hat seine persönliche Art mit diesem Schmerz umzugehen. Die Einen finden schon nach kurzer Zeit ins Leben zurück, während andere viele Jahre oder für immer unter diesem Schmerz leiden, oder daran zerbrechen.
Da stellt sich die Frage, was bei beiden Gruppen unterschiedlich abläuft, fast von selbst.
Ist die eine Gruppe eventuell hartherziger und ihr gehen diese Ereignisse nicht so nahe, oder hat die andere Gruppe einfach zu dicht am Wasser gebaut und ist viel zu emotional?
Keine der beiden Antworten ist richtig. Zumindest in weiten Teilen nicht.
Der Unterschied zwischen beiden Gruppen liegt in der Sichtweise auf den Schmerz.
Hier ein Beispiel.
Ein Elternteil verstirbt.
Dieses Ereignis ist sehr schwerwiegend, tief greifend und von sehr großer Trauer begleitet. Natürlich kann man in dieser Situation traurig sein. Man MUSS es sogar, denn alles was man nicht in der Situation aufarbeitet, muss man später im Leben angehen. Meist hat man es dann aber mit richtig dicken Brocken zu tun. Man kann vor Problemen oder negativen Emotionen nicht einfach davonlaufen, indem man diese unterdrückt oder im Alkohol ertränkt.
In den ersten Tagen und Wochen ist man wie betäubt und kann oft gar nicht begreifen was da gerade passiert ist. Das heißt der Verstand weiß es, aber emotional ist es noch nicht erfasst worden. Man funktioniert, geht zur Arbeit, kümmert sich um die Beerdigung und macht das Abendessen.
Aber eines Tages ist diese Botschaft auch im Herzen präsent. Dann beginnt die eigentliche Trauerphase. Nach einer individuell sehr unterschiedlich langen Zeit, muss man aber versuchen wieder in das normale Leben zurück zu kommen. Oder noch besser, gar nicht erst das normale Leben zu verlassen.
Der wichtigste Schritt bei der Bewältigung von Trauer, egal ob beim Tod oder bei einer Trennung, ist das Akzeptieren der Situation.
Man kann Verstorbene nicht zurückbekommen und in den allermeisten Fällen ist der oder die Ex auch für immer aus dem Leben verschwunden.
Dieses Akzeptieren beinhaltet nicht nur das verstandesmäßige Erfassen der Situation, sondern man muss auch versuchen, nach und nach die Emotionen auf dieses Level zu bekommen. Das Beste ist in solch einem Fall, gleich von Beginn an hinzunehmen, dass die Situation eben ist wie sie ist. Dies erspart eine große Menge an Leid. Beim Tod ist dies jedoch einfacher zu bewerkstelligen als bei einer Trennung, ohne die große Dramatik des Todes jetzt klein reden zu wollen...
Der Tod ist unwiderruflich, bei einer Trennung jedoch könnte eventuell ja noch Hoffnung bestehen...
Mein Tipp? Vergessen Sie es.
Einer Trennung ist in der Regel ein längerer Prozess vorausgegangen, bei dem mindestens ein Partner versucht hat den Karren wieder aus dem Dreck zu bekommen. Nach Ablauf einer gewissen Zeit wird dann die Entscheidung getroffen, das Ganze zu beenden. Meist weil keine Hoffnung auf Änderung der Situation mehr besteht.
Warum sollte sich also ein Mensch der sich getrennt hat, wieder auf das gleiche Spiel einlassen?
Es kommt natürlich schon vor, dass ehemalige Lebenspartner nach einer gewissen Zeit wieder ein Miteinander finden, doch dies sind wirklich absolute Ausnahmen.
Der wichtigste Schritt ist also wirklich, die Situation als unabänderlich gegeben hinzunehmen.
Tut man dies beispielsweise bei einer Trennung nicht, dann macht man sich immer wieder unbegründete Hoffnungen, die bei jedem neuen Kontakt mit dem oder der Ex zu neuen Verletzungen führen werden.
Doch wie bei offensichtlichen Wunden, ist es auch bei Verletzungen der Seele. Wunden brauchen Pflege und müssen heilen.
Wenn man diese immer wieder neu aufreißt, heilen diese nie und werden immer größer und schlimmer.
Auch wer bei Todesfällen immer wieder mit dem Schicksal hadert, zum Beispiel "Er war doch noch so jung" oder "Warum gerade sie?", der verhindert das die Wunden an der Seele zu heilen beginnen.
Akzeptanz ist also ein wesentlicher Schritt beim Verarbeiten von Verlusten.
Der nächste wichtige Schritt ist loslassen.
Geben Sie Denjenigen frei und verabschieden sie sich von dem Gedanken, dass es je wieder wie vorher sein wird.
Nie wieder wird man gemütlich bei einer Tasse Kaffee zusammen sitzen oder einen Plausch halten. Nie wieder wird man mit dem Ex die alte Vertrautheit erleben, die es einmal gab.
Diese Zeiten sind absolut vorbei.
Bei einer Trennung muss man sich sagen: "OK. Du willst nicht mehr mit mir zusammen sein, ich kann das nicht ändern und zwingen kann ich dich ja nicht".
Lassen Sie den Ex-Partner einfach gehen. Dies ist sein Wille.
Und je mehr man sich auch gedanklich mit dieser Situation abfindet, um so eher kann man wieder aus dem dunklen Loch auftauchen.
Auch bei Todesfällen verhält es ich ähnlich. Man muss den Verstorbenen auch wirklich gehen lassen. Es ist sein Weg, es war seine Zeit und er musste gehen. Je mehr man sich daran klammert, dass der Verstorbene ja eigentlich noch da sein könnte, um so schwerer macht man es sich. Man muss Abschied nehmen.
Es kommt auch darauf an, wie man den Tod betrachtet.
Wenn man zum ersten Mal mit dem Tod konfrontiert wird, ist dies eine schreckliche Sache im wahrsten Wortsinn. Der Tod ist etwas Unbegreifliches und absolut Endgültiges.
Doch wenn man sich den Tod mal genauer betrachtet, stellt man fest, dass der Tod eine ganz natürliche Angelegenheit ist.
Alles was lebt, muss sterben.
Der Tod ist ein völlig normaler Vorgang, genau wie die Geburt.
Natürlich fällt diese Sichtweise besonders dann schwer, wenn sehr junge Menschen oder Kinder gestorben sind, doch es war einfach ihre Zeit.
Geblieben sind die Erinnerungen. Seien Sie dankbar für diese schöne Zeit. Dankbar für die ganzen Jahre, die man miteinander verbringen konnte.
Auf diese Weise kann aus Trauer und Tod eine große Dankbarkeit werden.
Natürlich ist dies ein Prozess den man durchläuft, doch können Trauer und Dankbarkeit durchaus nebeneinander existieren. Die Trauer wird im Laufe der Zeit immer geringer werden und im selben Maß, wird das Schöne der gemeinsamen Zeit sichtbar. Diese Erinnerungen werden einen im weiteren Leben begleiten und nach nicht all zu langer Zeit, wird von dem aktuellen Schmerz nichts mehr vorhanden sein.
Der allerwichtigste Schritt ist jedoch, die Trauer zuzulassen.
Besonders in der heutigen Leistungsgesellschaft ist Stärke eine der gern gesehenen Tugenden. Man gesteht den Menschen durchaus eine Trauerzeit zu, doch nach einer Woche sollten sie den Job schon wieder erledigen können. Doch dies ist nicht richtig. Trauer braucht ihre Zeit.
Als ich ein Kind war, war es noch üblich, das Witwen in schwarzer Kleidung gingen und allein gebliebene Männer eine schwarze Armbinde trugen.
Was von vielen heute als Stigmatisierung gesehen wird, war in Wirklichkeit ein Schutz. Man sah sofort dass dieser Mensch in Trauer ist. Auch fremde Leute von der Straße. Also ging man mit dem Betroffenen sehr sorgfältig und achtsam um. Die Trauerzeit war in der Regel ein Jahr lang. Daher spricht man auch von dem bekannten Trauerjahr.
Es ist also völlig utopisch, dass ein trauernder Mensch, schon nach wenigen Tagen wieder "funktioniert".
Natürlich kann man sich am Arbeitsplatz zusammen nehmen und seinen Job erledigen, doch am Abend auf dem Sofa kuschelt man sich in eine gemütliche Ecke und lässt den Tränen einfach freien Lauf. Dies ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Beweis für eine tiefe Emotionalität.
Auch wenn die akute Phase der Trauer vorbei ist, ist es absolut erlaubt zwischendurch ein paar Tränen zu vergießen. Zum Beispiel dann, wenn man sich an ein besonders schönes Erlebnis oder ähnliches erinnert.
Die Phasen der Trauer werden immer kürzer und das gewohnte Gefühlsleben kehrt wieder zurück.
Eventuell sieht man bestimmte Dinge anders, denn Krisenzeiten sind solche, in denen der Mensch reift und erwachsener wird.
Man muss sich auch vor Augen führen, das Trauer und das Alltagsleben nebeneinander existieren können. Das eine muss das andere nicht ausschließen. Man kann weiterhin seinen täglichen Verpflichtungen nachkommen UND traurig sein. Dies funktioniert zwar nicht gleich in den ersten Tagen nach dem Schock, aber innerhalb sehr kurzer Zeit.
Wie oben schon kurz erwähnt, trifft einen die Hiobsbotschaft wie ein Schlag. Man ist völlig paralysiert und weiß überhaupt nicht was gerade geschieht. Man ist dabei, aber auch irgendwie nicht dabei.
Manchmal passiert es dann, dass Menschen in dieser Zeit nicht traurig sein können. Aber das ist normal. Vielen Menschen geht es so.
Doch Zeit der Trauer wird kommen, spätestens wenn der erste Schock vorbei ist und dann muss man diese auch ausleben.
Nach dem Verlust eines Menschen der einem nahe gestanden hat, kommt auf den zurückgebliebenen eine Zeit der großen Lebensumstellungen zu.
Wie wasche ich die Wäsche oder wie funktioniert der Online-Zugang zum Bankkonto? Das sind Sachen die unbedingt geklärt werden müssen.
Am besten beginnt man das Leben Stück für Stück neu zu organisieren. Man erledigt die Sachen die man bisher gemacht hat und fragt bei der Bank nach wie der Zugang funktioniert.
Zurückgelassene Männer werden auf die eine oder andere Weise lernen müssen wie die Pflegehinweise in der Kleidung zu deuten sind und die Frauen, dass ein Auto einen regelmäßigen Ölwechsel braucht.
Schon nach kurzer Zeit kann man trotz Trauer das Leben aufrecht erhalten. Es mag zwar nicht gleich in den ersten Tagen nach dem Verlust möglich sein, aber schon nach sehr kurzer Zeit hat man dies im Griff. Es geht nicht anders.
Mir persönlich hilft mein christlicher Glaube sehr.
In der Bibel stehen zwei Sprüche, die mir sehr wichtig geworden sind. Ich zitiere mal sinngemäß:
"Gott schenkt gute und schlechte Tage. Beide muss man dankbar aus seiner Hand nehmen. Denn man weiß nie, was als nächstes geschieht."und
"Das alle Dinge die geschehen, denen zum Besten dienen, die auf Gott vertrauen."Damit möchte ich schließen.
André Hoek
Bild: Wikimedia Commons - Urheber: User:Duesentrieb
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