Wenn ich früher etwas von Autismus hörte, hatte ich Leute wie Dustin Hoffman in dem Film
"Rain Man" vor Augen, der eine der Hauptrollen in diesem Film spielte. Der Raymond genannte Autist konnte beim Black Jack Karten zählen und verhalf seinem etwas zwielichtigem Bruder zu einer neuen Einnahmequelle. Ansonsten war er kaum allein lebensfähig. Ich hatte also Leute mit einer ziemlich schweren geistigen Behinderung vor Augen.
Es ist jetzt etwa ein Jahr her, dass bei mir nach dem ansehen eines Videos auf Youtube der Verdacht aufkam, dass ich auch Autist sein könnte. Ich recherchierte in den nächsten Monaten extrem viel zu diesem Thema und mein Verdacht erhärtete sich immer mehr.
Heute bin ich diagnostiziert und weiß es sicher.
Wer den oben genannten Film und mich persönlich kennt, wird zwischen dem Raymond und mir nur sehr begrenzte Ähnlichkeiten feststellen können. Die Erklärung dafür liegt darin, dass es verschiedene Arten von Autismus gibt. Der Raymond aus dem Film wurde früher als Kanner-Autist bezeichnet, während Leute wie ich Asperger Autisten genannt werden. Oder besser gesagt wurden. Im neuen ICD-11 (der Bibel für medizinische Störungen und Krankheiten) wird von einer Autismus-Spektrums-Störung (ASS) gesprochen.
Stark vereinfacht dargestellt kann man sich das ungefähr so vorstellen, als wenn unser Raymond sich ganz rechts im Spektrum befindet, während Leute wie ich eher auf der ganz linken Seite zu verorten sind. Mich kann man also als hochfunktionalen Autisten bezeichnen. Manche nennen es auch eine leichte Form von Autismus, was aber nicht stimmt. Autisten wie ich können sich aufgrund fehlender Intelligenzminderung sehr gut anpassen, was aber auch wieder nicht auf alle Autisten zutrifft. Dadurch falle ich kaum auf, aber mein Leben ist sehr, sehr anstrengend und manchmal kaum meisterbar. Es ist, als wenn man die ganze Zeit gegen seine eigentliche Natur lebt. Also in etwa so, wie in der Geschichte vom hässlichen Entlein.